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Über 600 ehemalige Heim- und Verdingkinder haben sich am Samstag zum Sommerfest 2023 getroffen. Einmal mehr war es für mich ein besonders berührender Tag.
Aus der ganzen Schweiz waren sie auf Einladung der Guido Fluri Stiftung ins Parkhotel Langenthal angereist, um sich zu treffen, um sich auszutauschen und um ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Der älteste Teilnehmende war sage und schreibe 95 Jahre alt. Die ehemaligen Heim- und Verdingkinder, die letzten Zeitzeuginnen und -zeugen eines traurigen Kapitels Schweizer Sozialgeschichte, müssen sich nicht mehr verstecken. Lange Zeit wurde das Leid, das ihnen widerfahren ist, verschwiegen. Heute, nachdem die Wiedergutmachungsinitiative und der Einsatz von engagierten Opfern und Gruppen das Thema in die Öffentlichkeit brachten, ist das Unrecht offiziell anerkannt. 12’000 Betroffene haben noch zu Lebzeiten einen Solidaritätsbeitrag erhalten.
Auch für mich war dies erneut ein emotionaler Tag. Der Anlass soll ein Zeichen der Wertschätzung und des Repekts sein – etwas, was diesen Menschen lange versagt bliebt. Es freut mich sehr zu erleben, wie sich die Betroffenen gegenseitig unterstützen und wie sie Mut und Zuversicht daraus schöpfen, dass sie mit ihrem Schicksal nicht alleine sind. Auch der Auftritt von Überraschungsgast Francine Jordi sorgte für viel Freude bei den Teilnehmenden und verleitete den einen oder anderen zum Tanzen. Es war ein Moment des Glücklichseins und ein Moment des Loslassenkönnens. Und es war mir wichtig, den Anwesenden mit auf den Weg zu geben, dass sie weiterhin stark bleiben und den unbändigen Willen zum Schutz der Gerechtigkeit behalten sollen.
Besonders bedanken möchte ich mich auch bei Heidi Maria Glössner sowie bei Thomas Bucheli und seiner Frau Kathrin. Mit ihrer Anwesenheit haben sie den Menschen ihre grosse Wertschätzung zum Ausdruck gebracht. Auch das ist ein sehr wichtiges Element in der Aufarbeitung.
Der Mut der Verdingkinder und anderen Missbrauchsopfer, die für ihre Rechte gekämpft haben, hat dazu geführt, dass wir heute in der Schweiz ein Gesetz haben, das in ganz Europa Vorbildcharakter hat. Die wissenschaftliche Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen ist in Europa einmalig. Von den Erfahrungen sollen nun auch die Menschen in anderen Ländern profitieren können.
So hat der Schweizer Nationalrat Pierre-Alain Fridez, Mitglied der Schweizer Parlamentarierdelegation, beim Europarat eine Motion eingereicht, die im Kern die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in den europäischen Ländern nach Schweizer Vorbild fordert. Dabei geht es ebenfalls um Formen der Wiedergutmachung, welche die Überlebenden erhalten sollen. Im Herbst soll hierzu ein umfassender Bericht der zuständigen Kommission im Europarat verfasst werden. Eine Mehrheit ist absehbar.