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01. April 2025

Wiedergutmachung für die «Enfants de la Creuse»

Die «Justice Initiative» bewegt Europa! In Paris wurde ein historischer Gesetzesentwurf der französischen Nationalversammlung überreicht. Das Gesetz fordert Wiedergutmachung für tausende Menschen, die als Kinder auf der Insel Réunion ihren Familien und damit ihrer Heimat entrissen wurden.

Letzte Woche durfte ich in Paris im Rahmen der Justice Initiative Zeuge eines weiteren denkwürdigen Moments werden. Karine Lebon, Parlamentarierin und Abgeordnete von Réunion, brachte einen historischen Gesetzesvorschlag in die Nationalversammlung von Paris ein. Die sogenannten «Enfants de la Creuse» sollen damit erstmals eine Wiedergutmachung für das ihnen zugefügte Unrecht erhalten.

Der Ausdruck «Enfants de la Creuse» (Kinder der Creuse») bezieht sich auf eine Gruppe von Kindern von der Insel Réunion, die zwischen 1962 und 1984 im Rahmen einer staatlich organisierten Umsiedlungspolitik gegen ihren Willen nach Festlandfrankreich – insbesondere in das Département Creuse – gebracht wurden. Viele von ihnen wurden in Heimen oder Adoptivfamilien ohne angemessene Betreuung untergebracht, teils unter extrem prekären Bedingungen. Von ihren Familien und ihrer Kultur getrennt, litten diese Kinder unter Entwurzelung, Misshandlung und Missbrauch.

«Ohne Wiedergutmachung gibt es keine Gerechtigkeit», sagte Karine Lebon anlässlich der Übergabe. «Dieser Gesetzesvorschlag ist ein entscheidender Schritt, damit die Betroffenen endlich die Anerkennung erhalten, die sie verdienen. Es ist an der Zeit, dass der französische Staat Verantwortung übernimmt und einen gerechten und wirksamen Mechanismus zur Wiedergutmachung schafft.» Ebenfalls anwesend waren Minister Manuel Valls und die Parlamentspräsidentin Yaël Braun-Pivet. Beide sicherten dem Vorstoss ihre Unterstützung zu. Dieser wird auch von zahlreichen Direktbetroffenen unterstützt, unter anderem von Jean-Charles Serdagne: «Ich unterstütze diesen Gesetzesvorschlag, denn es ist an der Zeit, dass der französische Staat uns zuhört, damit wir würdevoll sterben können.»

Für mich persönlich war es eindrucksvoll zu erleben, wie die «Justice Initiative» die über Jahrzehnte vernachlässigte Aufarbeitung von Kindsmissbrauch mit konkreten Initiativen voranbringt. Genau diese Entwicklung wollten wir anstossen. Nach dem Entscheid des Europarats im Januar 2024, der die Aufarbeitung in ganz Europa nach dem Vorbild der Schweiz fordert, haben zahlreiche Länder damit begonnen, Missbrauchsopfer in Heimen offiziell anzuerkennen und zu entschädigen. Die angestrebte Wiedergutmachung für die «Enfants de la Creuse» soll als Inspirationen dienen und unserer Bewegung noch mehr Kraft verleihen.

In den kommenden Wochen wird der Gesetzesvorschlag im Parlament debattiert, mit dem Ziel, einen Mechanismus zu schaffen, der den Betroffenen Gerechtigkeit widerfahren lässt und zugleich den Kinderschutz in Frankreich stärkt.